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Ausgabe 33 / February 2022

„Ich bin mir über viele Dinge weniger sicher als früher.“

(Dr. Asita Behzadi)


Wir grüßen Sie herzlich

mit diesen Worten aus dem Interview von Elizabeth Schmidt-Pabst, Leitung Ambulanter Lazarus Hospizdienst, mit Dr. Asita Behzadi, Psychoonkologin am Charité Virchow Klinikum, welches Sie im Anschluss lesen können. Frau Dr. Behzadi berichtet darin über ihre spannende Arbeit als Psychoonkologin!
Leider müssen wir auch für Februar den Forum Abend absagen!
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Interview mit Dr. Asita Behzadi, Psychoonkologin

Seit mehreren Jahren arbeitet der Ambulante Lazarus Hospizdienst und das Stationäre Lazarus Hospiz mit der Palliativstation des Charité Virchow Klinikums zusammen. Vor mehr als 4 Jahren hat das Team der Palliativstation das Angehörigen Café ins Leben gerufen. Einmal in der Woche haben die Angehörigen Gelegenheit, sich in entspannter Wohnzimmeratmosphäre bei Kaffee und Kuchen, mit einem Mitarbeiter eines ambulanten Hospizdienstes ins Gespräch zu kommen und sich beraten zu lassen. Manchmal entstehen aus den Begegnungen auch Begleitungen und/oder Verlegungen von der Palliativstation ins Stationäre Lazarus Hospiz. Koordiniert wird das Café von Dr. Asita Behzadi, der Psychoonkologin der Palliativstation. Elizabeth Schmidt-Pabst hat Dr. Asita Behzadi, die sie über die Zusammenarbeit gut kennt, zu ihrer Arbeit als Psychoonkologin interviewt.
Asita Behzadi
Dr. Asita Behzadi, Psychoonkologin ©Monika Keiler
Schmidt-Pabst: Was dürfen wir von dir persönlich erfahren?

Behzadi: Ich komme aus Berlin, bin hier geboren, aufgewachsen und bis auf kurze Auszeiten auch immer der Stadt verbunden geblieben. An der Freien Universität Berlin habe ich Psychologie studiert und später eine Weiterbildung in Psychoonkologie und als Ethikberaterin im Gesundheitswesen gemacht. Seit 2008 arbeite ich in der Charité als Psychoonkologin, zuerst in der Gynäkologie und seit 2009 auf der Palliativstation der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie. Vor dieser klinischen Arbeit habe ich mich zuerst wissenschaftlich mit dem Palliativbereich beschäftigt.

Schmidt-Pabst: Warum hast du diesen Schwerpunkt gewählt?

Behzadi: Ich habe die Frage schon öfter gehört und würde sagen, ich habe diesen Schwerpunkt nicht gewählt, sondern der war da – zunächst über ein Forschungsprojekt zu Best Practice in der internationalen Palliativversorgung. Und jetzt bin ich sehr gerne in der klinischen Palliativarbeit, weil ich finde, dass ich da viele Themen des Lebens finde und dass diese Themen alle Menschen betreffen. Eigentlich komme ich ja aus der Krisenarbeit, ich habe zehn Jahre beim Berliner Krisendienst gearbeitet. Die Erfahrungen aus der Krisenarbeit sind für die Arbeit im Krankenhaus ein sehr gutes Fundament, sowohl in der Vorbereitung auf die Arbeit mit Menschen in Krisen und mit dem Netzwerkwissen um psychosoziale Angebotsstrukturen in Berlin. Im Krankenhaus begleite ich Menschen in existentiellen und Ausnahmesituationen. Ich würde nicht sagen, dass alle in der Krise sind. Häufig ist es aber doch eine Ausnahmesituation. Oft ist es sehr akut und gar nicht so sehr auf langfristige Begleitung angelegt, sondern eher auf kurze, intensive Kontakte.

Schmidt-Pabst: Was liebst du besonders an deiner beruflichen Arbeit?

Behzadi: Dass man immer gleich ganz, ganz nah dran ist, an dem wo es brennt und ich habe jetzt extra gerade überlegt, ob ich sage: wehtut. Das stimmt so nicht, sondern man ist relativ schnell an den Dingen, die für einen Menschen wichtig sind. Da gibt es keine Zeit für Maskerade, für Schminke. Und trotzdem schminken wir uns manchmal mit den Menschen in der Situation. Dann aber, weil es ganz bewusst eine Lust ist. Manche Menschen denken, das ist eine sehr traurige Arbeit. Ich finde es ist auch eine sehr lustige, humorvolle Arbeit und aber auch eine traurige manchmal. Genau das gehört für mich im Leben zusammen. Ich habe viel Kontakt mit Angehörigen, weil die Menschen auf der Palliativstation häufig in einem Zustand sind, in dem sie nicht so viel Kraft für intensive Gespräche haben. Oder die Patienten beauftragen mich, dass ich mit den Angehörigen spreche und sie auch in der Klinik betreue.
Das hat Corona verändert, dass die Aufmerksamkeit mehr auf den Angehörigen liegt. Zumindest ist jetzt über den Einblick in die Intensivstationen gesellschaftlich thematisiert, wie wichtig Abschied ist und dass fehlende Besuche im Krankenhaus nicht nur Einsamkeit von kranken Menschen, sondern auch fehlende Abschiednahme für Angehörige bedeutet. Mit Angehörigen sprechen ist schon ein Schwerpunkt meiner Arbeit. Aber tatsächlich meistens nicht so sehr über den Tod hinaus. Es gibt Einzelne, die sich später bei mir melden, aber die längerfristige Trauerarbeit mache ich nicht. Da vermittle ich dann an entsprechende Angebote in der Stadt, wie Trauercafés oder bereits im Vorfeld an ambulante Hospizdienste. In der Klinik geht es eher um die Begleitung der vorweggenommenen Trauer. Ich weiß, dass der Begriff kritisch gesehen wird. Mit vorweggenommener Trauer meine ich nicht, dass Trauer vorbearbeitet werden kann. Die Erkrankten selber, merke ich immer, hatten ja Wochen, Monate oder Jahre davor schon Zeit sich daran zu gewöhnen. Sie spüren die Veränderung in ihrem eigenen Körper. Für die Angehörigen beginnt dieser Abschiedsprozess manchmal erst, wenn die erkrankten Menschen auf die Palliativstation kommen. Sie müssen innerhalb von sehr kurzer Zeit sehr viel verdauen. Mit Angehörigen über ihre Zukunft zu sprechen, das ist dann etwas Schmerzliches, aber auch schön; sich zu erlauben, dass Zukunft denkbar ist, obwohl ein Familienmitglied, eine nahe Person stirbt. Das ist eine Arbeit, die ich sehr gerne unterstütze und die eine Mischung aus Leiden und Lust ist. Das Leiden darf da sein, aber die Lust eben auch.

Schmidt-Pabst: Gibt es irgendetwas, wo du sagen würdest, das ist ganz schwer an meiner Arbeit? Oder welche Elemente eine Herausforderung sein können?

Behzadi: Ich glaube manchmal das Tempo, das in der Klinik herrscht und damit einhergehend die Erwartung, sehr, sehr schnell ziemlich verfahrene Situationen auflösen zu sollen. Darin finde ich die Menschen, Erkrankte, wie Angehörige, sehr beeindruckend, die sich in einer Ausnahmesituation innerhalb von wenigen Tagen an eine völlig neue Lebenssituation gewöhnen. Mich beeindruckt das sehr und schwer wird es dann, wenn ich in Familiensituationen mit reinkomme, in denen tiefgreifende Konflikte vorherrschen, die nie besprochen worden sind und die auf einmal auf dem Tablet sind. Ich bin ja eigentlich froh, wenn die auf dem Tisch sind, aber dann gibt es so viele Baustellen und das gut zu sortieren und zu sagen, was ist jetzt dran, was geht und was nicht, ist herausfordernd. Vor allem dann, wenn es mit großen Emotionen einhergeht und diese im Behandlungsteam dann wiederum zu großen Emotionen führen. Da sind dann so viele, viele Beteiligte mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Da brauche ich dann die Kooperation zum Beispiel mit ambulanten Hospizdiensten, mit dem Sozialdienst, mit ambulanten Kolleg:innen. Da bin ich froh, dass es ein Netzwerk gibt und ich mit anderen Leuten zusammenarbeiten kann, weil ich weiß, ich kann das nicht alleine tragen und es sich gemeinsam auch leichter tragen lässt. Sowohl emotional für mich, aber auch fachlich. Das muss ich mir selber auch immer mal sagen! Vielleicht ist das auch die Antwort auf die Frage, wann es schwer ist? Wenn ich denke, ich muss das jetzt hier alleine lösen. Aber dann fällt mir wieder ein, Moment, da waren doch diese vielen Kollegen, die was wissen. Das gibt Rückhalt.

Schmidt-Pabst: Was bedeutet für dich Tod und Sterben?

Behzadi: Ich bin ja kein religiöser Mensch. Im Laufe der Jahre, inzwischen ja schon bald fünfzehn, die ich in diesem Bereich tätig bin, bin ich mir über viele Dinge weniger sicher als früher. Und das ist gut. Das beziehe ich auch auf Tod und Sterben. Es hat mir vor ein paar Jahren mehr Angst gemacht als im Moment. Und in einigen Jahren kann es wieder anders sein. Heute glaube ich nicht an ein Leben nach dem Tod und gleichzeitig bin ich mir nicht sicher. Seit ich im Palliativbereich arbeite, macht mir das Sterben weniger Angst. Wenn ich einmal sterbe, würde ich mir wünschen, dass ich Menschen miteinbeziehen kann. Dass ich nicht kämpfen muss, alles alleine schaffen zu wollen. Das wünsche ich mir.
Dass ich viele Dinge nicht weiß, finde ich eigentlich schön und ich merke, dass es in den Begleitungen von Menschen ein gutes Kontaktangebot ist. Ich bleibe neugierig. Die Erkrankten und Angehörigen wünschen sich von mir natürlich auch eine Stabilität, aber dass ich da was besser weiß, wünschen die sich auch nicht.

Schmidt-Pabst: Zum Schluss würde ich gern noch wissen, was ist dein Ausgleich zu dieser intensiven Arbeit?

Behzadi: In der Klinik habe ich eine halbe Stelle. Das habe ich ganz bewusst so gewählt, nur mit einem Teil meiner Arbeit so ganz nah an den Menschen und ihren Geschichten zu sein. Der andere Teil ist die Lehre-, Forschung- und Netzwerkarbeit. Ich merke, das mir dieser Weltenwechsel guttut und ich jeweils auch neue Ideen in die jeweils andere Welt mitnehme. Privat sind Freundschaften und Familie für mich sehr, sehr wichtig und überhaupt der Kontakt mit Menschen. Ich bin einfach jemand, der gerne mit Menschen zusammen ist, ob das auf der Arbeit ist oder auch privat. Freundschaften, Natur und kulturelles Leben in aller Fülle und jeder Form, also Musik, Theater, Kino, Tanzen.

Schmidt-Pabst: Danke für das Interview!
Elizabeth Schmidt-Pabst
Elizabeth Schmidt-Pabst
Leitung Ambulanter Lazarus Hospizdiest
© Britta Fey

Lazarus Hospiz Forumabend im Februar

Auf Grund der hohen Inzidenzen müssen wir auch den Forumabend im Februar Absagen. Wann der nächste Forumabend stattfinden wird, können wir leider noch nicht sagen. Informationen dazu erhalten Sie wieder hier!
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Mit herzlichen Grüßen aus dem Lazarus Hospiz

Anette Adam

Leitung Stationäres Lazarus Hospiz

Elizabeth Schmidt-Pabst

Leitung Ambulanter Lazarus Hospizdienst

Bernauer Str. 117
13355 Berlin
Tel: 030 / 46 705 276
Fax: 030 / 46 705 277
E-Mail: lazarushospiz-ambulant@lobetal.de
Web: https://www.lazarushospiz.de

Redaktion: Paul Pomrehn, Anette Adam, Elizabeth Schmidt-Pabst, Peggy Nitzke
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